„Die Liebe besteht zu drei Vierteln aus Neugier.“
Giacomo Casanova, 1725 – 1798

HEISSE

In unserem Januar-Marktbericht hatten wir das Für und Wider von „offenen Kantinen“ in Pandemiezeiten thematisiert. Völlig zu recht, wie die große Resonanz zeigte. PMM hat nicht locker gelassen und sich außerdem gefragt: Wie steht es wirklich um die Öffnung der und gesellschaftsrelevanter Sicht? Wir erhielten hoch interessante Gastronomie aus medizinischer Antworten aus berufenem Munde. Ein heißes Eisen, aber absolut lesenswert.

Lesenswert ist auch unsere neue Kolumne. Als Auftakt bringen wir eine spannende Analyse zu der Frage: Ist die Zeit der günstigen Lebensmittel vorbei? Wie Sie sehen, bleiben wir aus Liebe zur Branche immer neugierig und liefern Ihnen hier wieder topfrisch den spannendsten Marktbericht.

 

PMM dosiert

Unsere Kolumne.

Trendwende

Es mag eine provokante These sein, aber ich bin mir sicher: Die Zeit der günstigen Lebensmittel ist vorbei. Wie ich darauf komme? Ganz einfach: Weil wir gerade einen Umbruch erleben – nicht nur in Europa, sondern global -, mit epochaler Tragweite auch für unsere Branche. Ausgelöst durch ein winziges, analoges (!) Naturphänomen, das selbst bei aller digitaler Raffinesse und Einbildung, die wir so gerne an den Tag legen, auch nur mit analogen Mitteln wie Gesichtsmasken, Abstand halten und viel Geduld halbwegs in den Griff zu bekommen ist. Wir sind gezwungen, uns zu entschleunigen, Ruhe, Übersicht und Gelassenheit an den Tag zu legen – keine Panik.

Gleichzeitig entwickeln wir endlich eine neue Wertschätzung unseren Ressourcen gegenüber. Hier schlage ich nun den Bogen zu unserer Branche, der Welt der Lebens-mittel. Ich bin mir sicher, Umdenken und Gegensteuern lassen sich nicht mehr aufhalten.
Die Pandemie und deren Folgen zeigen uns sehr deutlich, wie brüchig Märkte sowie lieb gewonnene wirtschaftliche Rituale und Preisgefüge sind. Die Kosten für Arbeit von der Ernte bis zum Packer und Herstellung (inklusive Wartung und Modernisierung) in den Produktionsländern steigen. Material- und Transport-/ Frachtkosten ebenfalls.

Über die Explosion im internationalen Containerbusiness weltweit haben wir früh und ausführlich berichtet.
Neue Tendenzen wie »Lebensmittelretter« (z. B. Sirplus, auch darüber haben wir vor zwei Jahren bereits als Erste exklusiv berichtet), Nahrungsprodukte ohne Verpackung – all das führt zu einer neuen Wertschätzung in Sachen Food, die das Bewusstsein für den Preis sensibilisiert. Für gute, nachhaltig hergestellte Nahrungsmittel, ob Bio oder konventionell, muss in Zukunft ein höherer, weil fairer Preis über die gesamte Kette gesehen bezahlt werden. Ich glaube fest, dass dies bald weltweit „common sense“ sein wird. Weil seit gut einem Jahr weniger ausgegeben werden konnte, dürfte der Nachholbedarf kurz- und mittelfristig die Preise nach oben drücken. Das Angebot wird knapp sein, bereits im letzten Jahr gab es kaum Reserven aus vorangegangenen Ernten, wie etwa bei Tomatenprodukten. Ich meine, dass diese Verschiebungen längerfristiger Natur sind und in der Folge das Preisniveau in die Höhe treiben werden.
Zu guter Letzt taucht das Gespenst der Inflation wieder auf. Der Auftrieb der Verbraucherpreise beschleunigt sich einmal mehr. Im letzten Monat stiegen diese in Deutschland gegenüber Januar 2021 um 1,3 % Seit Februar 2020 war die Inflationsrate von seinerzeit 1,7 % auf -0,3 % Ende 2020 gerutscht. Nun erfolgt die Trendwende. Der Präsident der deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, warnt schon vor einer Inflationsrate von 3 %bis Ende diesen Jahres. US-Starökonomen befürchten ebenfalls höhere Inflationsraten von bis zu 2,5 % in den USA. Nach einer Verkaufswelle steigen gerade die Renditen amerikanischer (aber auch deutscher) Staatsanleihen. Investoren stoßen die Titel ab, weil sie eine Geld Entwertung befürchten.
Inflation bezeichnet bekanntlich die Geldentwertung, also das Absinken des Geldwertes. Anders herum: Konsumenten und Unternehmen bemerken diese Entwertung durch ein Ansteigen des Preisniveaus von Endprodukten wie Konsumgüter (z. B. Nahrungsmittel) oder Investitionsgüter (z. B. Maschinen, was die Herstellungskosten weiter erhöht).
Ob neues Lieferkettengesetz, höhere Verpackungsgebühren, Zölle, Forderungsausfälle oder auch die Konzentration auf Hersteller- und Abnehmerseite – es gibt viele weitere Faktoren, die preistreibend sein dürften. Und wir wissen noch nicht, wie sich die wirklichen Kosten nach dem Shutdown entwickeln werden.
Daher glaube ich, dass ökonomische, aber auch moralische und ökologische Gründe sowie die psychologischen Effekte des Wirtschaftens klar dafür sprechen, dass die Zeit der günstigen Lebensmittel – im Sinne von billig – vorbei ist. Der aufgeklärte und informierte Verbraucher in der westlichen Welt ist inzwischen bereit, für sozial fair und ökonomisch gerecht hergestellte und gehandelte Konsumgüter – allen voran Lebensmittel – einen angemessenen Preis zu bezahlen. Aufgabe des Importeurs wird es mehr denn je sein, diese Zusammenhänge zu erkennen, den Überblick vom Ursprung bis zur Auslieferung zu behalten, dabei durchaus auch vorauszuschauen.
Es gilt Risiken zu erkennen, zu definieren und abzufedern, um unseren Marktpartnern zufriedenstellende und praktikable Lösungen anbieten zu können. Darauf basiert unser tägliches Geschäft als weltweit agierender Spezialist über Generationen.

Thomas SCHNEIDAWIND

Turbulent I: Pfeffer

Wochenlange starke Regenfälle in Indien zwischen Dezember und Januar werden die Erntemenge von Grünem Pfeffer (siehe auch unser umfangreiches Pfeffer-Glossar) voraussichtlich um bis zu 20% niedriger ausfallen lassen. Ursprünglich wurde von einer Gesamtmenge von rund 60.000 mt ausgegangen (auf Basis des verarbeiteten Schwarzen Pfeffers). Das Ausgangsprodukt Grüner Pfeffer reifte zu schnell, seit Dezember sind die Preise (von einem tiefen Niveau) bereits um 20 % nach oben geschossen. Unsere Experten vor Ort erwarten ein längerfristig anziehendes Preisniveau. PMM ist jedoch mit ausreichend Grünem Pfeffer in Lake (850 ml) in ADRIA-Qualität ausgestattet.

Turbulent II: Tomaten

Händeringend gesucht werden Tomatenprodukte, doch die Märkte sind nahezu ausverkauft. Rohware von Italien über Spanien bis Portugal ist bis zu 12 % teurer, Insider wissen außerdem, dass mit der anstehenden Ernte aus 2021 teilweise noch Kontrakte aus 2020 erfüllt werden müssen. Höhere Materialkosten lassen zudem die Dosenpreise steigen. Bio-Ware ist in den USA offenbar bereits komplett vergeben, das Land ist der größte Verbraucher an Bio-Tomaten. Experten erwarten eine insgesamt knappe Verfügbarkeit in 2021.
PMM ist jedoch rund um Tomatenprodukte (Großgebinde) gut bevorratet – natürlich in bester ADRIA-Qualität.

INTERVIEW

Offene Gastronomie HILFT!

Warum Geselligkeit, Essen und Trinken gut für die Psyche sind und eine offene Gastronomie gerade in dieser schwierigen Pandemielage Vorteile bringt, erklärt der Münchner Psychatrie-Spezialist und Institutsleiter Dr. Sebastian Friedrich im Gespräch mit PMM. Ein echtes Plädoyer in einer erhitzen Diskussion.

Dr. Sebastian Friedrich

PMM: Herr Dr. Friedrich, das möglicherweise zu forsche Öffnen von Hotels, Restaurants und Kultureinrichtungen ist heiß umstritten. Glauben Sie, dass beispielsweise eine geregelte Gastronomie heimlichen Treffen im stillen Kämmerlein vorzuziehen wäre?
Dr. Friedrich: Im Moment beobachte ich, dass Kunden ihre „to go“-Mahlzeiten abholen und es im Stehen und auf Parkbänken im Öffentlichen Raum konsumieren. Oder nehmen es mit und essen im Büro an Orten, an denen keinerlei Hygienekonzepte gewährleistet sind. So erreicht man nicht, was mit dem Lockdown erreicht werden sollte und hat zudem ein Ergebnis, das nicht messbar ist. Wenn ich die Gastronomie öffne, kann ich auf Sicherheitskonzepte und Abstandsregeln setzen, die eine gewisse Sicherheit bieten und Überprüfbar sind. Das Risiko wird dadurch geringer. Natürlich muss man einen klaren Auftrag an die Gastronomen erteilen und dessen Einhaltung überprüfen. Sobald man etwas nicht kontrolliert und auf Freiwilligkeit setzt, werden Regeln ausgereizt und/oder umgangen. Das ist absolut menschlich. Ich plädiere für die Öffnung der Gastronomie und des Einzelhandels – wenn die Regeln eingehalten werden. Superspreader-Events finden nicht im halb leeren Supermarkt statt, sondern auf Privatparties, in Clubs oder beim Après-Ski.

Wieviel »Shutdown« vertragen die Menschen als soziale Wesen?
Generell ist ein Shutdown für alle Menschen schwierig. Man muss aber die verschiedenen Gesellschaftsschichten und Altersklassen getrennt betrachten. Ich zum Beispiel habe mich ganz gut im Shutdown eingerichtet, ich habe aber auch genug Platz zu Hause. Menschen, die den Shutdown unter beengten Raumverhältnissen durchleben, sind in einer deutlich schwierigeren Situation und müssen viel mehr leisten. Ich glaube, der Lockdown wird nicht zuletzt deshalb gelockert, weil ihn Teile der Gesellschaft nicht mehr durchhalten. Besonders hart ist es für junge Menschen. Für sie ist ein Jahr Lockdown ohne Freunde und soziales Umfeld eine unermesslich lange Zeit und sehr schwer auszuhalten.

Welche Auswirkungen bemerken Sie im sozialen Umfeld?
Wenn ich heute alte Filme sehe, in denen sich Menschen die Hand geben, dann finde ich das befremdlich. Für jüngere Menschen, für die die Pandemie-Zeit vergleichsweise lang ist, dürfte das noch extremer sein. Ich glaube, es wird eine Generation Corona geben, die manche Verhaltensweise adaptiert hat. Der gefühlte private Raum ist für alle größer geworden. Man fühlt sich sicherer, wenn es mehr Abstand gibt und hält auch automatisch etwas mehr Abstand.

Werden wir künftig große Menschenansammlungen instinktiv meiden?
Ich glaube, dass uns große Menschenmengen für lange Zeit abschrecken werden. Ich weiß nicht, wann ich das nächste Mal in einen Club oder in eine überfüllte Bar gehen werde. Je länger wir große Menschenansammlungen bewusst meiden, desto normaler wird dieses Verhalten für uns. Er dürfte lange dauern, bis wir viele Menschen um uns herum wieder zulassen und gut finden werden.

Worauf sollte sich die Gastronomie einstellen?
Auf weniger Plätze pro Quadratmeter und das für längere Zeit. Vielleicht muss sich die Gastronomie auch darauf einstellen, dass es immer mal wieder einen Lockdown mit vorübergehenden Schließungen geben kann.

Und was wird aus einem Massenevent wie dem Münchner Oktoberfest?
Ich bin mir ziemlich sicher, dass es auch in diesem Jahr abgesagt wird. Ich wüsste nicht, welches Sicherheits-, Hygiene- und Abstandskonzept dazu passen könnte. Nur fünf Leute pro Tisch? Und wie regelt man den Ein- und Ausgang? Das geht alles nicht! Wenn das Oktoberfest 2022 hoffentlich wieder stattfinden kann, wird man sich genau überlegen müssen, wie. Schließlich trifft sich dort die ganze Welt und Corona wird es noch länger geben.

Können Sie der ganzen Krise vielleicht aber auch Positives abgewinnen?
Ja, ich schon! Wenn man sein Gesellschaftsleben reduzieren muss, dann wird plötzlich Zeit frei für andere Dinge. Diese Freiräume möchte ich nicht wieder ganz hergeben, das wird so bleiben. Man darf aber nicht vergessen, dass viele Menschen in dieser Zeit viel Negatives erlebt haben. Für sie war dieses letzte Jahr sehr schwierig.

Klingt vielleicht banal … aber wie wichtig sind Essen und Trinken in Geselligkeit für die Psyche überhaupt?
Ich finde das gar nicht banal! Am Esstisch sind viele positive Aspekte vereint: Wir kommunizieren, kommen zu Ruhe, ernähren uns und genießen. Das Zusammentreffen von Essen, Trinken und Geselligkeit darf man nicht unterschätzen. Bei meinen allein lebenden Patienten beobachte ich, dass sie die Freude am Essen nicht mehr wirklich erleben. Gerade beim Essen braucht man Gesellschaft, um Genuss zu verspüren. Für die Psyche ist dieser Aspekt sehr wichtig.

Wir bedanken uns für das Gespräch.

Oster: Logistik

Logistik aufgepasst: Ostern ist diesmal schon am ersten April-Wochenende (2.4. Karfreitag und 5.4. Ostermontag). Während der Vier-Tage-Wochen davor und danach gibt es beschränkte Verlademöglichkeiten, wir bitten deshalb frühzeitig um Bestellung und Planung.

Das PMM-Team wünscht allen Partnern erholsame Feiertage!

Obwohl wir die von uns beanspruchten Quellen als verlässlich einschätzen, übernehmen wir für die Vollständigkeit und Richtigkeit der hier wiedergegebenen Informationen keine Haftung.